
Ich möchte euch hier ein paar nähere Infos zu dem Thema Hochsensibilität geben, wie es ist, selbst hochsensibel zu sein und wie du herausfindest, ob du vielleicht auch zu den rund 20% der Menschheit (zumindest laut der US-amerikanischen Psychologin Elaine Aron) gehörst, denen es auch so ergeht.
Aber fangen wir doch von vorne an.

Was ist Hochsensibilität eigentlich?
Im Jahr 1996 begann Elaine Aron (*1944) damit, den Themenkomplex Hochsensibilität zu untersuchen. Sie gilt auch heute noch als Pionierin in der Untersuchung der Hochsensibilität und prägte den Begriff „Sensory Processing Sensitivity“ (SPS), heute Hochsensibilität und hochsensibler Mensch. Ihre Forschungsergebnisse (aus dem Jahr 1995) zu dem Thema wurden 1996 in dem Buch „The Highly Sensitive Person: How to thrive when the world overhelms you“ (deutsch: Sind sie hochsensibel? Wie Sie ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen) veröffentlicht.
Auf Grundlage jahrelanger Forschung konnten folgende Ergebnisse festgehalten werden:
Hochsensibilität wurde als eigenständiges Merkmal erklärt. Introvertiertheit und Hochsensibilität können zusammenhängen, bedingen sich jedoch nicht automatisch. Gefühlsstärke oder Emotionalität hängen ebenfalls oft mit Hochsensibilität zusammen. Das bedeutet, dass ein gefühlsstarker/ emotionaler Mensch nicht unbedingt hochsensibel ist, ein hochsensibler Mensch jedoch gefühlsstark/emotional ist. Weiterhin wurde festgehalten, dass es sich bei Hochsensibilität um eine genetische Vererbung hält. In allen Studien konnte außerdem festgestellt werden, dass mehr Frauen als Männer betroffen waren, in ihrer Ausprägung jedoch kein Unterschied bestand.
Die Bücher, die Aron zu der Thematik verfasste, gelten auch heute noch als Standartliteratur.
„Sind sie hochsensibel?“ und „Das hochsensible Kind“.

Selbsttest zur Überprüfung
Aron entwickelte auf Grundlage ihrer Studien eine psychometrische Skala für Erwachsene und Kinder, die „Highly Sensitive Person Scale“ (HSPS). Dieser besteht aus 27 Aussagen, welche in einem Selbsttest mit „zutreffend“/ „teilweise zutreffend“ oder „unzutreffend“ beantworten werden können. Wenn mehr als 14 Aussagen als zutreffend markiert werden, ist man demnach höchstwahrscheinlich eine „Highly Sensitive Person“ (Hochsensible Person). Das daraus resultierende Merkmal definiert ein „Temperament/ Persönlichkeitsmerkmal, welches von einer Sensitivität gegenüber internen sowie externen Reizen charakteristisch ist“.
- Ich fühle mich leicht überwältigt durch starke Sinneseindrücke.
- Offenbar habe ich eine feine Wahrnehmung für Unterschwelliges in meiner Umwelt.
- Die Stimmung anderer Menschen beeinflusst mich.
- Ich reagiere eher empfindlich auf körperlichen Schmerz.
- Ich habe an geshäftigen Tagen das Bedürfnis, mich zurückzuziehen – entweder in ein dunkles Zimmer oder an einen anderen Ort, wo ich allein sein und mich von der Stimulation erholen kann.
- Auf Koffein reagiere ich heftiger als viele andere Menschen.
- Ich fühle mich schnell überwältigt von Dingen wie grelle Lichter, starke Gerüche, raue Textilien auf meiner Haut oder Martinshörner in meiner Nähe.
- Ich besitze ein reiches, vielschichtiges Innenleben.
- Laute Geräusche bereiten mir Unbehagen.
- Kunst oder Musik bewegen mich tief.
- Manchmal liegen meine Nerven derart blank, dass ich nur noch alleine sein möchte.
- Ich bin ein gewissenhafter Mensch.
- Ich bin schreckhaft.
- Es bringt mich leicht aus der Fassung, wenn ich in kurzer Zeit viel erledigen muss.
- Wenn andere Menschen sich in einer Umgebung unwohl fühlen, weiß ich eher als manche andere, was notwendig ist, um Wohlbefinden herzustellen (zum Beispiel durch eine Veränderung der Beleuchtung oder der Sitzordnung).
- Ich werde ärgerlich, wenn man von mir erwartet, zu viele Dinge gleichzeitig zu tun.
- Ich gebe mir große Mühe, Fehler zu vermeiden oder Dinge nicht zu vergessen.
- Fernsehsendungen und Spielfilme mit Gewaltszenen meide ich.
- Ich fühle mich unangenehm erregt, wenn sich um mich herum viel abspielt.
- Hungergefühle stören nachhaltig meine Konzentration und beeinträchtigen meine Stimmung.
- Veränderungen in meinem Leben treffen mich sehr heftig.
- Ich bemerke und genieße feine Düfte, Geschmäcker, Klänge oder Kunstwerke.
- Ich empfinde es als unangenehm, wenn ich mich mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigen muss.
- Für mich ist es sehr wichtig, mein Leben so zu organisieren, dass ich Situationen vermeide, in denen ich mich ärgern muss oder die mich überwältigen.
- Laute Geräusche, chaotische Szenen und ähnliche starke Reize stören mich.
- Wenn ich mit anderen Menschen konkurrieren muss oder beobachtet werde, während ich eine Aufgabe erfülle, macht mich das so nervös und unsicher, dass ich weitaus schlechter abschneide, als ich eigentlich könnte.
- Als Kind haben meine Eltern und Lehrer mich als sensibel oder schüchtern angesehen.
Quelle: www.high-sensitivity.de/test-bin-ich-hochsensibel/
Angelehnt an: http://hsperson.com/test/highly-sensitive-test/
Und jetzt?
Jetzt hast du eigen grobe Vorstellung davon, was Hochsensibilität bedeutet. Aber.
Es zu wissen heilt nicht alle Wunden

Zuerst einmal ist es gut, sich damit auseinanderzusetzen und sich selbst zu reflektieren. Wenn das das erste Mal ist, dass du dich damit auseinandersetzt: Gib dir Zeit. Lass es sacken. Du musst nicht von heute auf morgen alles verstehen, sehen, ändern. Wichtig ist, sich zu erlauben, so zu sein, wie man ist.
Mich persönlich hat das Wissen um die Hochsensibilität enorm erleichtert. Ich wusste schon mein Leben lang, dass ich „anders“ bin als die Anderen, doch konnte das nie so richtig definieren. Was war schon anders? Was normal?
Ich musste mich bereits im Studium recht früh mit diesem Gefühl auseinandersetzen. Ich habe damals schon gewusst, dass ich damit natürlich nicht allein bin. Aber. Irgendwie passte nichts so richtig. Ich hatte immer schon Phasen in meinem Leben, die besser liefen, und Phasen, die schlechter liefen. Doch, was genau sich eigentlich veränderte verstand ich nie so richtig. Rückblickend kann ich sehen, das es oftmals die Umstände waren, das Außen, das so starken Einfluss auf mein Gefühlsleben hatte. War viel los, war es mir zu viel, war wenig los, war es mir zu wenig. Ich war immer auf der Suche nach der Mitte, MEINER Mitte.
Die Schwangerschaft und Geburt meiner großen Tochter haben etwas in mir verändert. Als hätten sich meine Gehirnsynapsen neu sortiert, bzw. wären zurück auf Werkseinstellung gesprungen. Ich erkannte immer mehr, dass ich es bin, die sich so überwältigen ließ von all diesen Reizen. Die Anfangszeit mit meiner Tochter war nicht leicht für mich. Es war, als konnte ich ihr vieles Weinen körperlich und seelisch spüren. Alle Tore waren geöffnet. Ich konnte sie nicht schließen, denn, ich wusste ja noch immer nicht, was zum Teufel eigentlich los war mit mir. Warum lief schon wieder alles so anders? Warum war ich schon wieder diejenige, die so anders fühlt als die anderen Mütter?

Was war nur los mit mir?
Ich habe mich in der Zeit viel mit mir selbst beschäftigt, doch, so richtig sehen und akzeptieren konnte ich es nicht. Ich hatte einfach zu viel damit zu tun, irgendwie in dieses Mutter-Ding hineinzuwachsen. Damit klarzukommen. Es war eine echte Herausforderung für mich. Heute denke ich, hätte ich es einfacher gehabt, wenn ich mich damals schon endlich mit meiner Hochsensibilität auseinandergesetzt hätte.
Letztendlich musste erst mein zweites Kind, das so nie geplant war, auf die Welt kommen, um mir die Augen zu öffnen. Diese Erfahrung heilte mich endlich von dem Gefühl, anders, falsch zu sein. Endlich konnte ich es sehen. Die Schwangerschaften und Geburten der Zwei hätten unterschiedlicher nicht sein können. Mein Gefühlsleben glich jedoch 1 zu 1 der gleichen Achterbahn. Natürlich gab es andere Herausforderungen, neue Anpassungen, jeder musste seine neue Rolle in der Familie finden, aber dazu schreibe ich ein anderes Mal mehr.
Ich kann es endlich sehen, akzeptieren, benennen. Und es ist ok für mich. Es ist sogar gut. Ich bin gut, so wie ich bin. Aber: Ich bin noch auf dem Weg, das alles so richtig zu begreifen, zu verstehen, was das eigentlich für mich und mein Leben bedeutet.
Was dir das bringt
Vielleicht fragst du dich, warum ich das alles öffentlich mache. Oder was dir das bringen soll. Ach, weißt du. Das kann ich dir nicht sagen. Alles was ich weiß ist, dass ich mich dazu berufen fühle, meine Erfahrungen in die Welt zu schreien. Und wenn ich nur eine Frau, eine Mutter, mit meiner Geschichte erreiche, der es ähnlich ging oder geht, für die meine Erfahrung sogar hilfreich sein könnte, dann habe ich schon alles richtig gemacht.
Ich danke auf diesem Wege dem wundervollen Buch von Kathrin Borghoff „Hochsensibel Mama sein – Das Ressourcen-Buch“. Ernsthaft. Es war für mich eine absolute Offenbarung. Also, wenn es dir ähnlich wie mir geht, dann lies das.
Denn, wie du dir vorstellen kannst, hochsensibel sein ist nicht leicht. Dann auch noch Mama zu werden bzw. Mama zu sein, ist eine echte Herausforderung. Dazu werde ich sicher noch mehr schreiben, wie meine Reise zur hochsensiblen Mama ist, mit welchen alltäglichen Problemen ich da so zu kämpfen habe und was das für mich bedeutet.

Bis dahin
Sara